Aufruf an alle Mitgliedsverbände, -vereine und Modellbahner
zur Unterstützung der
Revision der NEM 301 "Umgrenzung der Fahrzeuge"
Die Technische Kommission des MOROP hat einen Antrag zur Revision der NEM 301 angenommen. In den Berichten über die Tagungen der TK des MOROP in Morges im April 2016 und in Wernigerode im September 2016 wurde das schon kurz erwähnt.
Worum geht es bei der Revision?
Die derzeitige NEM 301 beschreibt eine Umgrenzung für Fahrzeuge ohne zu definieren, ob bzw. welche fahrzeugeigenen Einflüsse in dieser Umgrenzung erfasst sein sollen.
Normalerweise wird die derzeitige NEM so verstanden, dass nur die unmittelbar am Fahrzeug messbaren festen Abmessungen definiert sind. Diese Sicht erscheint einfach, weil der Anwender die Maße mit einfachen Mitteln (z.B. Messschieber) feststellen kann.
Der Anwender vertraut dann, dass seine Fahrzeuge innerhalb des Lichtraumumgrenzungsprofils sicher verkehren können. Diese Sicherheit ist aber nicht garantiert, weil der Abstand zwischen Fahrzeugumgrenzungsprofil und Lichtraumprofil keinesfalls für jegliches Spiel, d.h. für die Bewegungen des Fahrzeuges im Gleis, ausreichend sind. Der Spalt zwischen Fahrzeugumgrenzung und Lichtraum im unteren Bereich beträgt bspw. in H0 gerade mal 1 mm. Davon werden schon 0,5 mm für das maximale einfache Spurspiel eines Radsatzes verbraucht, bei einseitiger Spurtoleranz im Gleis dann sogar 0,65 mm.
Für die dann noch hinzukommenden Lagerspiele usw. und die durch dieses Spiel zusätzlich mögliche Schrägstellung der Fahrzeuge im Gleis reicht der Abstand keinesfalls aus.
Das berührungslose Zusammenspiel von Fahrzeugen und Umgebung funktioniert meist nur, weil die Modellfahrzeuge (oft durch Vorbildmaße bedingt) das Fahrzeugumgrenzungsprofil nach NEM bei weitem nicht ausschöpfen.
Welche Lösungsmöglichkeiten kann es geben?
Eine Erweiterung des Lichtraumes ist schon deshalb nicht erstrebenswert ist, weil sich dies noch weiter vom Vorbild entfernen würde. Große Abstände, gerade im Bereich von Bahnsteigen und Laderampen, bewirken unschönes und vorbildwidriges Aussehen und würden auch überall dort wirksam werden, wo sie nicht in voller Größe erforderlich sind.
Die Fahrzeugumgrenzung zu verkleinern wäre eine andere Möglichkeit und würde sich in Richtung Vorbild bewegen. Um Wirksamkeit zu erreichen, müssten die Verringerungen aber deutlich sein. Das bringt möglicherweise Probleme bei der Nachbildung bestimmter, vor allem kurzer Fahrzeuge, mit sich. Ursache ist, dass beim Vorbild die Fahrzeugbreiten längenabhängig sind, d.h. kurze Fahrzeuge können recht breit sein, während lange Fahrzeuge schmaler sein müssen. Diesen Zusammenhang gibt es in den Modellbahnnormen nicht, weil das zumindest für den Modellbahner schwierig zu berechnen bzw. anzuwenden wäre.
Beide Möglichkeiten setzen aber voraus, dass der erforderliche Zwischenraum zwischen Fahrzeugumgrenzung und Lichtraum ziemlich genau bekannt sein müsste, um weder zu klein noch unnütz groß zu sein.
Das würde erfordern, dass alle kinematischen Einflüsse (Spurspiel, Achslagerspiel, Drehzapfenspiel, Verdrehungen im Gleis und ggf. Federungen) erfasst, deren Maße bekannt bzw. genormt sein müssten, einzuhalten wären und auch geprüft werden könnten. Das erscheint geradezu unmöglich, selbst für die Industrie.
Eine statische Fahrzeugumgrenzung anzuwenden ist also bei genauerer Betrachtung im Modellbahnbereich nicht wirklich praktikabel.
Eine dritte Möglichkeit bietet sich an um dieses Problemfeld tatsächlich auflösen zu können, indem die Fahrzeugumgrenzung, möglicherweise ohne Änderung der bisherigen Maße, als kinematische Fahrzeugumgrenzung definiert wird.
Diese ist dann eine auf das Gleis bezogene Hüll-Linie, in der das Fahrzeug mit allen seinen Teilen und einschließlich aller aus dem Fahrzeug entstehenden Bewegungsmöglichkeiten aus Spur- und Lagerspiel und aus Bewegungsmöglichkeiten durch dynamische Einflüsse verbleiben muss. Der Spalt zwischen Fahrzeugumgrenzung und Lichtraumprofil ist dann ein wirklicher Sicherheitsabstand, der durch nichts regelmäßig in Anspruch genommen wird.
Lösungsansatz:
Statt mühselig sich um einzelne kinematische Einflussgrößen kümmern zu müssen, werden diese mit den statischen Größen summarisch zusammengefasst. Das klingt komplizierter als es ist.
Die Prüfung auf Einhaltung einer kinematischen Umgrenzung ist, entgegen verbreiteter Erwartungen, recht einfach und vor allem sicher im Ergebnis.
Es bedarf lediglich eines möglichst exakt gebauten Gleises mit Normspurweite und eines darüber genau angeordneten „Lichtraumtores“ oder auch nur entsprechender paralleler Wände. Die oberen Schrägen in die Prüfung einzubeziehen erscheint nicht dringend, da dort aufgrund der tatsächlichen Modellabmessungen kaum Konflikte zu erwarten sein dürften.
Dann bewegt man das zu prüfende Fahrzeug mit nur leichtem wechselndem seitlichen Druck so, dass alles Spiel und alle Bewegungsmöglichkeiten ausgeschöpft werden. Wird dabei die Umgrenzungseinrichtung nicht berührt oder gerade so touchiert, ist die Fahrzeugumgrenzung eingehalten. Einfacher geht es kaum.
Ob die bisherigen, immerhin sehr großzügigen Maße der NEM 301 dabei unverändert beibehalten werden können oder sollen, muss nenngrößenspezifisch mit besonders kritischen Fahrzeugen untersucht werden.
Wie kann eine Prüfeinrichtung gebaut werden?
Als Gleismaterial eignet sich exakt gerade verbaubares Material, also kein Flexgleis, sondern am besten starres Bettungsgleis oder auch normales starres Schwellengleis, welches beim Befestigen auf dem Untergrund z.B. mittels eines Stahllineales sehr gerade ausgerichtet wird.
Wichtig ist, dass genau das Regelmaß der Spurweite eingehalten ist, ohne die sonst zulässigen Plus-Toleranzen. Das ist nicht bei allen Industriegleisen der Fall und muss also zuvor geprüft werden. Wichtig ist das, weil jede Spurerweiterung die Ergebnisse verfälscht, weil die Fahrzeuge sich dann gleisbedingt noch mehr seitwärts oder schräg stellen könnten. Das wäre dann aber keine vom Fahrzeug verursachte Bewegung und gehört demnach nicht in die NEM 301.
Auch ein Untergrund mit genau eingefrästen Spurrillen ist möglich oder Metall-U-Profile mit Innenweiten, die genau der Spurweite entsprechen. Für H0 gibt es, zumindest in Deutschland, sogar U-Profile mit der genauen Innenweite von 16,5 mm.
Die „Testwand“, oder im einfachsten Fall genügt auch ein Pfahl, muss genau im halben Abstand der Lichtraumbreite B1 nach NEM 301 neben dem Gleis exakt senkrecht angebracht werden. Auch hier ist der Aufwand am geringsten und die Genauigkeit groß, wenn man ein Metall-Winkelprofil verwenden kann. Da die Mitte im Gleis schlecht als Bezugslinie abgreifbar ist, sollte hierzu der Abstand der Wand von der äußeren Schiene ermittelt werden. Dazu zieht man von der halben Lichtraumbreite die halbe Spurweite und einmal die Schienenkopfbreite ab, also A = B1/2 – G/2 – b. Für H0 ergibt sich z.B. daraus, sofern die Schienenkopfbreite 0,8 mm beträgt, ein Abstand von 10,95 mm bzw. ab der Spurkante 11,75 mm.
Die beigefügten Abbildungen zeigen diesen einfachen Aufbau.
Die Länge der Lehre sollte die des längsten zu prüfenden Fahrzeuges etwas überschreiten, um es etwas bewegen zu können. Das reicht aber nur, wenn eine Prüfwand auch über die gesamte Länge reicht. Verwendet man dagegen einen einzelnen Mast oder ein „Prüftor“, ähnlich eines Lademaßes, muss das Gleis diese Länge zu beiden Seiten davon haben. Nimmt man dabei in Kauf, das Fahrzeug einmal zu drehen, würde auch die 1,5-fache Gesamtlänge reichen und der Mast bzw. das Tor im 2/3-Punkt stehen müssen.
Welche Ergebnisse sollten ermittelt werden?
Wichtigste Feststellung soll sein, ob die Fahrzeuge (wobei es jetzt nicht um schmalspurige Fahrzeuge geht) mit allen ihren möglichen Bewegungen im Prüfgleis noch innerhalb der Umgrenzung bleiben, d.h. die Prüfwand oder das Tor allenfalls gerade so touchieren.
Im Ergebnis bitte wir, uns die Fahrzeuge zu benennen (Nenngröße, Typ / Gattung / BR, Nummer, Hersteller, ggf. Artikelnummer, ggf. Entstehungsjahr), bei denen das nicht der Fall ist, d.h. die die Wand oder das Tor richtig anfahren bzw. streifen, also eigentlich mehr Platz benötigen.
Wünschenswert ist noch, bei den Fahrzeugen, die hier „bestanden“ haben zu ermitteln, ob noch ein Mindest-Abstand zu Wand verbleibt. Bei den Nenngrößen Z bis S geht es um 0,5 mm und bei Nenngröße 0 um 1 mm und bei Nenngröße I um 2 mm. Das zeigt die beigegebene Tabelle.
Das zu tun gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder schiebt man per Hand Fühllehren, z.B. Evergreen-Kunststoffstreifen in 0,5 mm-Dickenstufen, zwischen Wand und die kritischsten Punkte des Fahrzeuges oder man klebt solche Streifen an die Enden der Prüfwand oder hängt sie über die Prüfwand. Schließlich sind die kritischen Punkte der Fahrzeuge an den Enden oder in deren Nähe zu erwarten.
Die Meldung der Fahrzeuge die (nur) hiermit kollidieren, muss dann auch fahrzeugkonkret sein.
Fahrzeuge, bei denen zur Prüfkante noch mehr Abstand verbleibt, als in der beigefügten Tabelle genannt, brauchen überhaupt nicht einzeln benannt zu werden. Lediglich die Gesamtzahl der geprüften Fahrzeuge wäre noch wichtig, um abzuschätzen, wie repräsentativ die Gesamtuntersuchungen sind.
Die Ergebnisse dieser Untersuchungen auf dem beiliegenden Prüfblatt bitten wir zu senden an:
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! oder
Karsten Flach, Gillestraße 10, 01219 Dresden.
Hierzu ruft der MOROP nun alle Mitgliedsvereine und interessierte Modellbahner auf, sich an dieser Untersuchung zu beteiligen. Jeder kann Fahrzeuge testen, die ihm zur Verfügung stehen. Das geht, nachdem die Lehre fertig ist, ja auch recht schnell. Und die Lehren könnten ja auch innerhalb der Clubs oder Verbände weitergegeben werden. Verwendbare Ergebnisse, die eine entspr. Anpassung der NEM 301 rechtfertigen, sind schließlich nur zu erwarten, wenn sich ein möglichst großer Kreis von Anwendern aus allen Nenngrößen an dieser Untersuchung beteiligt.
Natürlich möchte kein Modellbahner etwas bauen oder Zeit mit etwas verbringen, was er selbst nicht oder wenig braucht.
Der Aufwand ist aber wirklich gering und wir möchten daran appellieren, sich hier mit einem kleinen Beitrag an der Verbesserung des Modellbahn-Normensystems zu beteiligen.
Ein Zeitlimit soll nicht benannt werden, aber es sollte im Interesse der baldigen Revision möglichst schnell gehen.
Karsten Flach
Sekretär der TK des MOROP
30.01.2017
Zusätzliche Dateien zum herunterladen:
Bildblatt zur NEM 301
Erfassungsbogen/Prüfblatt zur Revision NEM 301
Möglicher Querschnitt einer Prüflehre
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Maßstab 1 :
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Nenn-
größe
|
Spurweite G
|
NEM 301
|
zus. Spalt
|
BL1
|
BL1 /2
|
220
|
Z
|
6,5
|
17
|
8,5
|
0,5
|
160
|
N
|
9
|
23
|
11,5
|
0,5
|
120
|
TT
|
12
|
30
|
15
|
0,5
|
87
|
H0
|
16,5
|
40
|
20
|
0,5
|
64
|
S
|
22,5
|
54
|
27
|
0,5
|
45
|
0
|
32
|
78
|
39
|
1
|
32
|
I
|
45
|
110
|
55
|
2
|
22,5
|
II
|
64
|
148
|
74
|
-
|
aus Aluminium-Profilen gefertigte Lehre
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Stirnansicht der Lehre mit Fahrzeug
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Ende der Lehre mit zusätzlichem Prüf-Fühler (0,5 mm)
|
max. Schrägstellung einer Schlepptenderlok
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max. Schrägstellung einer Lok (ohne Tender) durch unnötig großes Seitenspiel aller (!) Radsätze
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